FRAU.BACH
MAUL HALTEN!
Konzert am „Bachfest Tübingen“ – 5. Oktober 2018
SILVIA PFÄNDNER – GESANG, SCHAUSPIEL
THOMAS MAOS – GITARRE, ELEKTRONIK
HUBL GREINER – GONGS, SCHLAGWERK, LAPTOP
Foto: Holger Edmaier, 2018
Was passiert, wenn wir das Zeitgefüge dehnen? Wenn wir 10 Sekunden Bachmusik auf eine Stunde dehnen? Was passiert, wenn wir den Bachklang mit dem OM, dem transzendenten Urklang verschmelzen – wenn wir an den Rand der Stille gehen. 10 Sekunden Bachklang als langer Nachhall eines kurzen Moments – als langer Nachhall der Geschichte. Wir drücken die Pausentaste und bewegen uns in der stillstehenden Geschichte. Es gibt nur ein Drinnen, kein Danach.
MAUL HALTEN!
MAUL HALTEN! erforscht das Verhältnis von Musik, Zeit und Transzendenz. MAUL HALTEN! ist eine Einladung, das Gehör für eine andere Art von Wahrnehmung zu öffnen.
Was hören wir, wenn wir die Bachmusik zeitlich dehnen?
Die Musik Johann Sebastian Bachs ist geprägt von kontrapunktischer Dichte, harmonischer Klarheit und rhythmischer Struktur. Hinter dieser strukturierten Oberfläche verbergen sich unhörbare klangliche Phänomene – feine Texturen, Resonanzen und Nebengeräusche, die in der schnellen Zeitlichkeit untergehen.
1. Gedehnte Zeit
Durch digitale Klangsynthese und granulare Verarbeitung wird die Musik von Bach extrem verlangsamt. So treten Details zutage, die im Originaltempo kaum hörbar sind – zum Beispiel feine Klangerzeugungsgeräusche der Instrumente. Diese Verlangsamung öffnet einen neuen Hörraum, in dem sich Musik und Geräusch durchdringen.
2. Improvisation
Die Musiker:innen greifen diese neu hörbaren Klänge mit erweiterten Spieltechniken und akustischen Instrumenten improvisatorisch auf – live und im direkten Austausch mit der digitalen Klangsynthese.
3. Ursprüngliche Zeit
Auszüge aus der Bachmusik werden auch im Originaltempo gespielt. Diese Passagen setzen bewusste Kontraste und machen die zeitliche Veränderung erfahrbar. Sie dienen als Bezugspunkt im Klanggeschehen und zeigen, wie sich Wahrnehmung durch Zeitverschiebung verändert.
„Was ich zu Bachs Lebenswerk zu sagen habe: Hören, spielen, lieben, verehren und – das Maul halten!“ Albert Einstein
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Suppose we were moving in an unimaginably small micro-world, in which seconds stretch to hours – how would our perception change then – how would our world sound then? We press the pause key and move through the motionless history. There is only an inside, no after. How would our world sound if we extended 10 seconds into an hour – if we merged music with the OM, the transcendent primordial sound – if we went to the edge of silence? How would it sound if we could hear the air rushing through the organ pipes, the sounds of the keys, the creaking of the wood and the sly thoughts of the listeners?